Luther und die Frauen

Es ist kein Rock, der einer Frau oder Jungfrau so übel anstehen will, als wenn sie klug sein will. (Martin Luther)

Wenig Literatur gibt es über Martin Luther und die Frauen. Einschlägig bekannt sind gewisse Zitate von ihm, die nicht darauf schließen lassen, daß Luther den Frauen im gesellschaftlichen Leben Gleichberechtigung zugestanden hätte. Er befand sich da durchaus im Konsens mit dem Zeitgeist.

Dennoch kann festgestellt werden, daß die Luthersche Ehelehre ein gewisses Frauenbild zementiert hat, welches über Jahrhunderte hinweg nicht nur das evangelische Pfarrhaus beeinflusst hat, sondern auch die gesellschaftliche Realität von Frauen in den vom Protestantismus geprägten Gebieten.

Nicht zuletzt hat seine radikale Ansicht, daß Frauen ausschließlich eine Rolle als Hausfrau und Mutter haben, einhergehend mit der Auflösung der Klöster, viele Frauen schutzlos gegenüber Männern gemacht.

Mit welchen Frauen hatte Luther aber zu tun? Zuallererst natürlich mit seiner Mutter, einer strengen Persönlichkeit mit bildungsbürgerlichem Hintergrund.  Einerseits war sie es, die die schulische Ausbildung ihres Sohnes beförderte. Andererseits erzog sie ihn mit harter Hand und ihr Hewenwahn beeinflusste auch ihn. Zeit seines Lebens warnte Luther vor Hexen und rechtfertigte die Gewalt: „Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen… Es ist ein gerechtes Gesetz, dass sie getötet werden, sie richten viel Schaden an.“ In dieser Hinsicht blieb er über Jahrhunderte hinweg meinungsbildend für die evangelische Kirche.

Aus seiner Studienzeit wissen wir recht wenig über seinen Umgang mit Frauen es weisen aber einige Quellen darauf hin, dass Luther durchaus Freundinnen bzw. sogar uneheliche Kinder hatte.

Als Seelsorger betreute er natürlich auch Frauen im Beichtstuhl, aber im Kloster wird der weniger mit ihnen zu tun gehabt haben.

Mit Luther eng verknüpft ist Katharina von Bora, die er 1525 heiratete. Zwei Jahre zuvor war Katharina aus dem Kloster geflüchtet. Luther hat seine Ehe sehr öffentlich gelebt, eben paradigmatisch – da er ja gerade ein Gegenmodell zum Zölibat ihren Priester gebaut hat. Die Ehe zwischen Martin und Katharina war das Paradigma für das evangelische Pfarrhaus.

Wie denkt der Theologe Luther über die Frauen?

Ein eigenes Werk über die Frauen hat Luther nicht geschrieben, es finden sich viele Hinweise aber in seiner Schriften über die Ehe, über das Buch Genesis und in anderen Exegeten Erörterungen.

Noch 1518, also ein Jahr nach dem Thesenanschlag, denkt Luther über Frauen, Ehe und Jungfräulichkeit noch traditionell katholisch, was sich aus seiner Schrift über die zehn Gebote ablesen lässt. Darin spricht er noch über die Ehe als Sakrament und feiert das Lob der Jungfräulichkeit.

Wenige Jahre später ändert sich seine Sicht. 1521 schreibt er das Buch über die babylonische Gefangenschaft der Kirche. In gleichem Maße wie er das Papsttum ablehnt, lehnt er nun auch die Sakramentalität der Ehe ab und spricht der Kirche das Recht ab, in die Ehe hinein zu reden.

Diese Haltung hält er für den Rest seines Lebens durch.

Als er von der Wartburg zurückkommt und sich die Reformation mittlerweile weiter verbreitete, entstand die Notwendigkeit, Strukturen für die Kirche der Reformation zu entwickeln. Luther schreibt 1522 ein Buch über den Ehestand. Hieraus entsteht die spätere Ehelehre und lässt sich viel über sein Frauenverständnis ablesen.

„Seid fruchtbar und mehret euch!“

Dies ist der zentrale Satz für Luthers Frauenverständnis. Nach seiner Ansicht sei dies die zentrale Aussage Gottes über die Geschlechter, sie sei sogar wichtiger, als das erste Gebot.

„Ist nicht nur ein Gebot, sondern mehr denn ein Gebot, sondern ein göttliches Werk“

Die wesentliche und einzige Aufgabe der Frauen sei es, Kinder in die Welt zu setzen. In der menschlichen Natur gäbe es, genauso wie der Drang zur Nahrungsaufnahme, auch einen Drang zur Fortpflanzung. Diesem solle man sich nicht widersetzen, sonst führe das dazu, dass man in Hurerei verfalle. Daher sei es geboten, dass Mann und Frau heiraten und Kinder in die Welt setzen. Folgerichtig widersetzt sich , wer unverheiratet bleibt, der Schöpfungsordnung. Dies ist ein klarer Angriff gegen  zölibatär lebende Priester und Ordensleute.

Luther argumentiert sehr alttestamentarisch, wenn er sagt, es sei Gottes Strafe, dass die Frau unter Schmerzen ihre Kinder gebären und sich dem Manne unterordnen soll.

„Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.“

Der eheliche Akt geschieht nach Luthers Ansicht ebenso in Sünde, weil die menschliche Natur durch den Sündenfall ohnehin verdorben sei. Gott sehe nur aus Gnade darüber hinweg, damit sein Werk, nämlich die Fortpflanzung, geschehe.

Ein weiterer Bruch mit der traditionellen katholischen Lehre ist Luthers Ansicht von der auf Löslichkeit der Ehe. Zwar ist er für ein Eingreifen des Staates bei offenbaren Ehebruch – der Ehebrecher solle getötet werden. Andererseits nennt er auch Gründe, weshalb Eheleute auseinandergehen können, zum Beispiel wenn sich ein Partner dem anderen sexuell entzieht, oder wenn ein Partner keine Kinder bekommen kann.

Luther zementiert damit die Rolle der Frau ausschließlich als Hausfrau und Mutter. Eine gewisse Bildung gesteht er Frauen zu, aber nur wenn sie der Haushaltung dient. Damit errichtet er das Paradigma des evangelischen Pfarrhauses. Die Rolle der Frau wird nur noch eindimensional. Das weibliche Rollenbild der Heiligen, das in seiner Vielfältigkeit von der katholischen Kirche gefördert wurde, fiel weg. Auch die Freiheit des Studiums und der Bildung, die Frauen durch die Klöster genossen haben, fand nicht mehr statt.

Für Jahrhunderte propagierte der Protestantismus in seinem geistigen und kulturellen Einflussgebieten die Frau ausschließlich als Hausfrau und Mutter. Andere Wirkmöglichkeiten war nicht mehr gegeben.

 

Der Vortrag von Dr. Joseph Wienecke bei der Sommerakademie der Gustav-Siewerth-Akademie „Das Gottes- und Menschenbild Martin Luthers: